Ein Interview mit dem ehemaligen Präsidenten des STE Olin Bartlome

Als ehemaliger Präsident hatte Olin von 2013 bis 2021 (8 Jahre) das Präsidentenamt inne und hat dementsprechend den STE in dieser Zeit geführt. Olin (* 1978), gelernter Schreiner, schloss 2005 das Studium an der AHB ab und arbeitete zunächst bei der Pavatex und bei NBT in Grossbritannien, bis er 2009 die Lignum verstärkte. Von 2015 bis 2016 leitete Olin die Entwicklungs- und Planerabteilung der Swiss Property und konzentrierte sich im Anschluss voll auf sein Ingenieurbüro CLB Schweiz: Seine Firma will mit ihren 5 Mitarbeiter:innen als führende private Anlaufstelle für Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich Wald und Holz die Dekarbonisierung der Gesellschaft aktiv mitgestalten und die Nachhaltigkeit ihrer Klienten verbessern. Seit 2017 ist er verantwortlich für das Innovationsmanagement von S-WIN und seit 2021 Geschäftsführer von FSC Schweiz – beides sind Mandate der CLB Schweiz. Nach der Weitergabe des Präsidentenamtes beim STE hat ihn diese Funktion nicht losgelassen und so ist er seit 2021 Präsident der Berufsgruppe der Bauingenieure (BGI) des SIA.

Was und wie hast du den STE vor deinem Präsidium wahrgenommen?
Vor meinem Eintritt in den Vorstand war ich nicht STE-Mitglied. Denn dazumal war ich kein grosser Fan von Vereinen «lacht». Meine Einstellung war: einen Verein benötige ich nicht, denn ich habe mein persönliches Netzwerk. Aus diesem Grund war ich in keinem Verein oder Verband und somit auch nicht STE-Mitglied während oder nach dem Studium. Damit habe ich auch die Entwicklungen des STE vor meiner Vorstandsperiode nicht mitverfolgt. Meine Einstellung gegenüber dem Vereinswesen habe ich nach mit meinem Eintritt in den STE-Vorstand recht schnell und sehr stark revidiert «lacht». Nun bin ich im STE, SIA und anderen Vereinen und Verbänden involviert und häufig nicht nur einfaches Mitglied, sondern im Vorstand, z.T. als Präsident. Denn der Austausch mit Artgenossen, Sinnesgleichen etc. in professionellen Netzwerken schätze ich zwischenzeitlich sehr, ist immer sehr interessant, wertvoll, brachte und bringt mich in vielen Hinsichten weiter.

Wie ist es dazu gekommen, dass du das Präsidentenamt beim STE übernommen hast?
Von der Lignum, meinem damaligen Arbeitgeber, kam der Wunsch, dass jemand von der Lignum weiterhin im Vorstand des STE ist. Der damalige Lignum-Direktor Christoph Starck kam auf mich zu und hat mich gefragt, ob ich mir dies vorstellen könne. Mit seiner Aussage, dass die Vorstandsarbeit als Arbeitszeit gilt, sagte ich zu, da das ja wie ein Jobauftrag war. Während dem ersten Jahr im Vorstand habe ich erfahren dürfen, welchen Stellenwert und Mehrwert eine Vereinsmitgliedschaft effektiv bieten kann und bin seit jeher gerne und Stolz ein Mitglied beim STE zu sein. Da mir die Vorstandsarbeit sehr viel Spass machte – ich war damals für die holzTalks verantwortlich -, hat mich Philipp Ritter nach ein paar Monaten angefragt, ob ich das Präsidentenamt von ihm übernehmen wollte. Die meisten anderen Vorstandsmitglieder sahen damit so eine Art «Gunst der Stunde» und fragten mich, ob sie ihre Tätigkeit im Vorstand auch weitergeben dürfen. Die Herausforderung den STE zu präsidieren und einen neuen Vorstand zusammenzustellen habe ich gerne angenommen. Denn dass beinahe ein kompletter, jedoch auch verdienter und langjähriger Vorstand zurücktreten möchte, habe ich als Chance aufgenommen: Es gibt dem Vorstand einen frischen Wind. Als ich dann STE-Präsident war, hatte der Auftrag der Lignum nicht mehr den Stellenwert und ich habe und wollte das Amt in meiner Freizeit führen wie alle anderen Vorstandmitglieder auch. Zwischenzeitlich habe ich mit der BGI auch die Erfahrung machen dürfen, als Präsident einen alteingesessenen Vorstand zu «übernehmen». In dieser Situation sind grundlegende Veränderungen langsamer möglich. Aber beide Varianten haben ihren Reiz und ich kann nicht sagen, dass eines besser wäre. Es sind einfach zwei unterschiedliche Ausgangslagen. Zu meinem Glück kannte ich aber beim SIA die Vorstandsmitglieder gut, was mir vieles vereinfacht.

Gab es einen Wandel beim STE während deiner Amtsperiode?
Der STE war früher sehr ad hoc und spontan und nun ist er meines Erachtens deutlich professioneller. Als ich das Amt übernommen habe, waren zum Beispiel die paar wenigen Leistungspartner nicht wirklich eingebunden. Ein Punkt, den ich verbessern wollte. Mein Ziel war diesbezüglich, dass Firmen als Leistungspartner zu uns kommen wollen mit dem Wunsch uns zu unterstützen und nicht wir zu ihnen gehen und sie um ein Sponsoring anfragen. Ich glaube, dass uns das gut gelungen ist. Heute haben viele Unternehmen ein Interesse den STE zu unterstützen und sehen darin auch einen Benefit für ihr Geschäft – der STE hat über 30 Leistungspartner! Ein weiterer Wandel während meiner Amtsperiode hat der Aufbau des Sekretariats gebracht, welches durch Sybille Rütsche geleitet wird und den Vorstand in seinen Tätigkeiten professionell und tatkräftig unterstützt.

Welche Meilensteine wurden während deiner Präsidentschaft im STE gelegt?
Der erste Punkt war, dass wir dazumal die Möglichkeit hatten den gesamten Vorstand neu zusammenzusetzen. Bei der neuen Zusammensetzung des Vorstands war es mir wichtig Frauen im Vorstand zu haben. Eine Gendermässig breitere Abstützung ist nebst erfolgreicheren internen Diskussionen auch ein Vorteil bez. ein Muss gegen aussen, sowie zugunsten der Studierenden. Denn über die Jahre wurden bekanntlich vermehrt auch Frauen in Biel zur Holzingenieurin ausgebildet – diese galt es abzuholen bez. auch mehr Frauen dazu zu motivieren das Studium in Angriff zu nehmen. Weitere Meilensteine waren die Webseite – vorher gab es per se keine Onlinepräsenz – und unsere Mitgliederzeitschrift Lignarius, welchen wir von einem kleinen, unregelmässigen Format zu einer professionellen Publikation mit mehr Inhalten etc. gemacht haben. Und eine grosse Sache war natürlich der Anschluss des STE an den SIA als Fachverein.

Was gab es für grosse Herausforderung im Amt zu bewältigen?
Eigentlich lief alles rund und harmonisch im Vorstand und wir fanden immer engagierte Personen für den Vorstand – z.B. die Studierendenvertreter:innen, welche ja jährlich wechseln. Von unseren Mitgliedern bekamen wir nicht nur bei den GV oft gutes Lob für unsere Arbeit. Somit gab es eigentlich keine grossen und schwierige Herausforderungen zu bewältigen «lacht».

Hast du zu einer Amtszeit einige lustige Anekdoten oder schöne Erinnerungen, die dir einfallen?
Die Veranstaltungen holzTalk und mittagsTalk waren immer sehr schön und auch lustig aber am lustigsten waren die Vorstandssitzungen. Wir waren sehr offen und fast schon familiär im Vorstand und es hatte immer Platz für den persönlichen Austausch von zum Teil lustigen Geschichten, die die Sitzungen auflockerten. Eine schöne Erinnerung, die mir geblieben ist, waren Begegnungen mit Mitgliedern im Anschluss an die GV bei welcher wir die Idee eine Geschäftsstelle zu eröffnen vorgestellt haben: Sie haben uns empfohlen dies einfach zu realisieren und uns dementsprechend im Vorgehen zu unterstützen. Das war sehr motivierend.

Gibt es auch unschöne Erinnerungen, die du mit dem Präsidium in Verbindung bringst?
Eigentlich war meine Zeit sehr ruhig und ohne negative Erlebnisse. Ein nicht so angenehmes Erlebnis war die GV zum Thema zum Anschluss an den SIA. Durch die frühe Kommunikation, Mitgliederbefragung und Vorbereitung im Vorstand war allen Mitgliedern das Thema der GV bewusst. Zum angedachten Austritt aus dem STV haben wir nur spärlich Rückmeldungen erhalten und wurden so an der GV überrascht, dass einige für dem Verbleib des STE im STV grosse Plädoyers gehalten haben. Hier wäre eine vorgängige Rückmeldung natürlich praktischer gewesen, welche wir entsprechend zur GV aufgearbeitet hätten. Schliesslich haben wir aber eine super Lösung gefunden mit dem Verbleib beim STV und dem Anschluss an den SIA. Eine weitere eher unschöne Erinnerung war die meist eher schwierige Zusammenarbeit mit dem STV. Diese war oft unprofessionell und wenig lösungsorientiert. So zum Beispiel betreffend Briefkasten, welchen wir am gleichen Gebäude wie der STV zusätzlich erstellen mussten.

Aus welchem Grund hast du das Amt als Präsidenten niedergelegt?
Nach den Statuten ist die Amtszeit auf 8 Jahre begrenzt, was einem Vorstandmitglied aufgefallen war und in einer Vorstandssitzung dann besprochen wurde. Aus dem Vorstand kam dann die Idee die Statuten abzuändern, für eine längere Amtszeit bis zu einer Monarchie – ähnlich wie Putin «lacht». Das war beispielsweise eine dieser lustigen Vorstandssitzungen. Aber das wollte ich natürlich nicht und empfand es als guten Zeitpunkt zurückzutreten und die Chance einer/m anderen geben zu können.

Hast du für die Zukunft des STE einen Wunsch, Erwartung oder auch eine Hoffnung?
Der STE entwickelt sich sehr gut mit Luca als neuen Präsidenten. Ich bin sehr froh, dass wir ihn für den Vorstand und das Präsidentenamt gewinnen konnten. Der STE kann noch professioneller werden, wie es z.B. die neue/überarbeitete Webseite und die Geschäftsstelle zeigt. Wenn es nun noch etwas mehr gäbe für die Holzingenieure, welche nicht den Schwerpunkt Bau haben, fände ich das super. Dies ist aber bekanntlich deshalb schwierig, da die Holzbauingenieure homogener sind und somit die ähnlicheren gemeinsame Punkte bearbeiten, während jene des Verfahren- und Betriebsbereichs heterogener sind. Themen wie bei den digitalTalks, die die Digitalisierung aufgreifen, sind offensichtlich passend dafür. Die Hoffnung besteht also, ich kenne aber die Schwierigkeit, denn auch ich habe versucht nicht nur die Bautätigen mehr einzubeziehen.

Wo siehst du Schwierigkeiten und Risiken, die auf den STE zusteuern?
Das Risiko ist, wie bei allen Verbänden/Vereinen gleichermassen, gute Personen für die unentgeltliche Vorstandsarbeit zu gewinnen. Ich sehe eine Tendenz, dass viele (junge) Leute Social-Media als Vereinsersatz sehen und somit kein Bedürfnis sehen für die Mitgliedschaft in einem Verein und Verband. Früher war man stolz in einem Verein/Verband zu sein und war engagiert in diesem. Dies wird in Zukunft wahrscheinlich etwas schwieriger und somit wird es wohl nicht einfacher Mitglieder zu akquirieren.

Wo sieht du den STE in 10 Jahren?
Der STE wird deutlich an Signifikanz gewinnen, und zwar wegen all den gesellschaftlichen Herausforderungen, wie die zu erreichenden CO2-Ziele (Pariser Abkommen etc.). All das wird Massnahmen erfordern – auf Bundes-, Kantons und/oder Kommunalebene -, welche dem Holzbau und der gesamten Wald- und Holzwirtschaft in die Karten spielen wird. Durch die umzusetzenden Massnahmen werden die Holzingenieure einen höheren Stellenwert bekommen und dabei natürlich gleichzeitig auch der STE deutlich mehr wahrgenommen. Das wird vor allem im Baubereich der Fall sein. Zu den anderen Bereichen ist die Frage wie sich der STE positionieren kann. Kann er sich zum Beispiel im verfahrenstechnischen Bereich beim Ersatz von Kunststoffen durch den Einsatz von Holz, der Bioraffinerie oder allgemein Produkte aus Biomasse profilieren? Hier ist die Varianz der Holzingenieure, welche hier tätig sind, gross und dementsprechend ist es schwieriger sich in diesen Richtungen auszubreiten.

Wenn du ein Baum oder ein Holz wärst, welches ist dies und weshalb?
«lacht» Eiche. Die Eichen sind gross und ich bin auch nicht gerade die kleinste Person. Eichen sind zudem eine ruhige Holzart, sind nicht störrisch aber immer noch ein Hartholz. Hartholz, da ich mich nicht so einfach weichklopfen lasse wie zum Beispiel eine Tanne «lacht». Mir gefällt die Eiche, Mode hin oder her.

Wenn du eine Holzbearbeitungsmaschine wärst, welche wäre das und weshalb?
Sicher keine Stichsäge oder so «lacht». Oder auch keine Akkubohrmaschine «lacht». Etwas vielfältiges, somit schon eher eine CNC-Maschine. Aber sicher nicht nur etwas das sich im Kreis bewegt oder nur linear. Also eine fünf Achs CNC mit einer grossen Z-Achse! Eine grosse Z-Achse für bessere Übersicht und etwas vielfältig einsetzbares, was meine diversen Aktivitäten widerspiegelt.

Ein Interview von Alois Räber vom November 2021.

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