Ein Interview mit dem ehemaligen Präsidenten des STE Philipp Ritter

Philipp war von 2006 bis 2010 Vize-Präsident und von 2010 bis 2013 Präsident des STE. Im Vorstand war er bereits seit 1999 tatkräftig aktiv. Philipp (* 1969) ist gelernter technischer Modellbauer. Das HTL-Studium an der BFH schloss er 1995 mit Vertiefung in Fertigungstechnik ab, dies obwohl zu Beginn des Studiums das Augenmerk eher auf dem Holzbau lag. Nach dem Studium zog es ihn zuerst zu einem Torhersteller nach Deutschland, bevor er von 1997 bis 2008 als Betriebsleiter die Fertigung der Möbelfabrik Muotathal führte. Dieser innovative Betrieb ist auf komplexe NC-Bearbeitung von Massivholz spezialisiert und entwickelte gemeinsam mit der BFH neue Anwendungen in der Robotik. Auch für die Betreuung mehrerer Praktikanten war Philipp zuständig. Seit 2009 verstärkt er die SUVA und seit 2011 ist er als Bereichsleiter unter anderem für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz in den holzverarbeitenden Betrieben zuständig. Zudem war er bis 2019 Experte an der BFH und bewertete diverse Bachelor-Thesen.

Was und wie hast du den STE vor deinem Präsidium wahrgenommen?
Ich habe das Studium 1995 abgeschlossen, was noch im letzten Jahrtausend und schon eine Weile her ist, lacht Philipp. Im Studium wurde die Infoveranstaltung zur Wahl der Vertiefungsrichtungen bereits dazumal vom STE durchgeführt. Dies war im Jahr 1992 und dafür wurde vom STE ein Ausflug zu diversen Unternehmen organisiert. Dies war mein erster Kontakt zum STE.
Den Austausch und das Netzwerk pflegen und ausbauen, für das bot der Verband sehr gute Möglichkeiten. Seinerzeit waren die Angebote des STE bescheiden und beschränkten sich auf die GV sowie 1-2 mal jährlich den Lignarius. Eine Webseite gab es noch nicht, da damals das ganze Web erst am Aufkommen war. An einer GV wurde ich dann angefragt, ob ich den Vorstand unterstützen möchte.

Wie ist es dazu gekommen, dass du das Präsidentenamt beim STE übernommen hast?
Als Markus Meili verkündete, dass er das Präsidium abgeben möchte, stellte sich die Frage der Nachfolge. Aus der Entwicklung und der erfolgreichen Zusammenarbeit im Vorstand konnte ich mir das Präsidium gut vorstellen, da die Holzwirtschaft und die Schule in Biel mich sehr interessierten. Kritisch war jedoch der zusätzliche zeitliche Aufwand.
Martin Graf und ich konnten uns deshalb vorstellen, das Präsidenten- und Vize-Präsidentenamt zu übernehmen, damit die Belastung neben der beruflichen Tätigkeit verteilt wurde. Da Martin bei Pirmin Jung arbeitete und ich in der Fertigung, ergänzten wir uns bestens. Dieser Ausgleich war wichtig, auch um den Mitgliedern von beiden Fachrichtungen etwas bieten zu können. Dazu fanden pro Jahr drei bis vier holzTalks zu verschiedenen Themen statt. Als Martin Graf aus persönlichen Gründen das Präsidium abgab, übernahm ich dieses dann.

Gab es einen Wandel beim STE während deiner Amtsperiode?
Wir hatten lange einen stabilen Mitgliederbestand. Von meiner Studienzeit und davor waren viele Absolventen Mitglied beim STE, doch die nachfolgenden Jahrgänge waren immer spärlicher vertreten. Durch den Zusammenschluss mit Swiss Engineering stiegen die Mitgliederkosten, weshalb es schwieriger wurde, neue Mitglieder zu gewinnen und bestehende zu halten.
Als Initiative wurde die STE-Lounge an der BFH initiiert, dies verbesserte die Bekanntheit an der Schule in Biel und weiter wurde die kostenlose Studentenmitgliedschaft eingeführt und eine Studentenvertretung in den Vorstand geholt. Diese Massnahmen haben sich gut bewährt und dadurch gab es eine Vielzahl von neuen Studentenmitglieder. Nach dem Studium sind zwar nicht alle geblieben, aber dennoch sind wir stetig gewachsen.
Weiter hat sich der STE mehr Richtung Holzbau entwickelt. In diesem Bereich ist sehr viel geschehen und der Holzbau hat sich kontinuierlich weiterentwickelt. Dagegen hat die Möbelfertigung stark an Boden verloren. Das Angebot des STE sollte trotzdem nicht zu eng und weiter offen und breit für alle Bereiche sein.

Welche Meilensteine wurden während deiner Präsidentschaft im STE gelegt?
Wie vorhin erzählt, war die Einführung der kostenlosen Studentenmitgliedschaft und der Studentenvertreter im Vorstand ein wichtiger Meilenstein. Weiter war und ist die Zusammenarbeit mit der Lignum von Bedeutung. Der STE wurde Trägerverband der Lignum, worauf sich dann die Doppelmitgliedschaften (STE-Lignum) ergaben. Dadurch bekamen wir die Möglichkeit, unsere Position in der Lignum zu stärken, obwohl wir ein kleiner Verband waren. Jetzt unterstützten wir die Lignum bei diversen Projekten, welche den Holzbau stärkten.
Wichtig war auch die gute Zusammenarbeit mit Swiss Engineering STV und der soliden Verankerung des STE im STV. So besetzten STE-Mitglieder diverse Mandate im STV, obwohl wir dazumal nur eine kleine Fachgruppe im STV waren. Mit der Berner Fachhochschule ist die Zusammenarbeit ebenfalls sehr wichtig und auch von grosser Bedeutung, da beinahe alle Mitglieder ehemalige Studierende aus Biel sind. So konnten wir zum Beispiel Experten in die Fach- und Prüfungskommission nominieren.

Was gab es für grosse Herausforderung im Amt zu bewältigen?
Der STE sollte mehr Gewicht gegen aussen erhalten und dementsprechend besser wahrgenommen werden. Im Speziellen sollten die Holzingenieure im Geschäftsleben bekannter werden und durch diese Bekanntheit auch der STE profitieren. So besitzt der STE eine gewisse Marketingfunktion und hat Einfluss in Politik und Wirtschaft, was die Holzbranche weiterbringt. Die Interessen sollten gebündelt werden, auch wenn der persönliche Nutzen nicht immer direkt ersichtlich ist.

Hast du zu deiner Amtszeit einige lustige Anekdoten oder schöne Erinnerungen, die dir einfallen?
Einen richtigen Joke kann ich leider nicht aus dem Stehgreif erzählen «lacht». Die GV, holzTalks und den generellen Austausch mit den anderen war und ist für mich immer das Wichtigste. Hierbei gab es immer einige amüsante Unterhaltungen, gleichwohl aber auch ernste, schöne und eben auch lustige Gespräche. Auch die Vorstandssitzungen waren wichtig und wertvoll, wo es immer Platz für einen Witz oder eine lustige Unterhaltung gab, wobei wir trotzdem speditiv arbeiten konnten. Die Zusammenarbeit war sehr bereichernd, spannend und schön – kurz gesagt, wir hatten eine tolle Zeit zusammen.

Gibt es auch unschöne Erinnerungen, die du mit dem Präsidium in Verbindung bringst?
Unschöne Erinnerungen gibt es eigentlich nicht, höchstens punktuelle Dinge, die nicht so schön waren. So war es zum Beispiel enttäuschend, eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen und dann nur vier Anmeldungen zum Anlass zu erhalten. Interessante Anlässe mussten deshalb auch abgesagt werden.
Die holzTalks wurden 2006 initiiert, hatten jedoch oft nur wenige Teilnehmer, da unsere Mitglieder über die ganze Schweiz verteilt sind. Aus diesem Grund wurde das Konzept der holzTalks überarbeitet. Wir wollten genauer wissen, wo und was unsere Mitglieder arbeiten. So fanden dann die holzTalks im Umfeld der Mitglieder und deren Arbeitgeber statt. Damit konnte eine Veranstaltung ausnahmsweise auch mit nur fünf Personen durchgeführt werden.

Aus welchem Grund hast du das Amt als Präsidenten niedergelegt?
Da ich den Bereich Holz und Gemeinwesen bei der Suva führte, bin ich bei Betriebsbesuchen in holzverarbeitenden Betrieben in einen Interessenskonflikt geraten. Aus diesem Grund empfand ich es als sinnvoll, die Vorstandstätigkeit zu beenden und jemand anderem das Amt als Präsidenten weiterzugeben.

Hast du für die Zukunft des STE einen Wunsch, Erwartung oder auch eine Hoffnung?
Momentan mein grösster Wunsch wäre, wieder physische Veranstaltungen durchzuführen statt nur online. So kann das Netzwerk wieder realer gepflegt werden bei «echten» Unterhaltungen. Weiter besteht die Hoffnung, dass der STE weiterwachsen und seinen Einfluss vergrössern kann. Die Vernetzung ist stetig gewachsen, letztlich auch mit der Verflechtung zum SIA. Dieses Netzwerk sollte weiter ausgebaut und vorangetrieben werden.
Auch die Verbindung zu Swiss Engineering STV sollte wieder verbessert werden, denn auf grosser Flughöhe betrachtet bringt uns dieses Netzwerk viel. Es geht hier darum, wie gross der Einfluss von Ingenieuren ist. Dies kostet etwas, aber für mich ist der Entscheid für eine Fachgruppe STE bei Swiss Engineering STV richtig und wichtig. Zusammengefasst wünsche ich mir für den STE, dass er wachst, sein Gewicht weiter stärkt, unsere Anliegen vertreten und den Mitgliedern eine Plattform bieten kann.

Wo siehst du Schwierigkeiten und Risiken, die auf den STE zusteuern?
Ich glaube das virtuelle Leben ist wichtig und wertvoll, aber es kann einen persönlichen Austausch nicht ersetzen. Bei den Jungen weiss ich nicht, wie sie das Angebot verstehen und hier sehe ich die Schwierigkeit, die Mitgliederzahl auszubauen. Das Problem ist zum Beispiel dem STV schon länger bekannt. Eine Beziehungspflege geht länger und ist mit einem virtuellen like nicht gemacht. Hier ist für mich die grösste Schwierigkeit.

Wo sieht du den STE in 10 Jahren?
Ich glaube nicht, dass es eine Revolution gibt, sondern eher eine Evolution. Spannend wäre eine Übersicht zu haben über unsere Mitglieder und deren Tätigkeiten und Organisationen. Wer kann wo Einfluss nehmen. Wir haben Mitglieder, die im Brandschutz sind, Schallschutz, Einbruchtest, internationale Gremien und viele mehr. Dies weiter ausbauen und sichtbarer machen wäre sehr wertvoll. Früher gab es ein Mitgliederverzeichnis mit Namen, Studienabschluss, Abschlussjahr, Diplomthema, Bachelor Thesis und weiteres. Wenn dies wieder sichtbarer gemacht werden könnte, wäre dies eine Chance. Denn wenn junge Leute ein Problem haben, wüssten sie wo nachfragen. Das wäre ein grosses Potential.

Wenn du ein Baum oder ein Holz wärst, welches ist dies und weshalb?
«lacht» Das habe ich mir noch nie überlegt. Ich würde sagen eine Esche, obwohl es leider ein Eschensterben gibt. Die Esche ist zäh und wiederstandfähig und ich finde die Esche ein sehr schönes Holz.

Wenn du eine Holzbearbeitungsmaschine wärst, welche wäre das und weshalb?
Muss es eine Maschine sein oder geht auch ein Handgerät «lacht». Einen Handhobel könnte ich mir vorstellen. Mit dem Handhobel ist etwas Geduld und Zeit gefordert, aber damit kann ein schönes Produkt zustande kommen – wenn man weiss wie damit umzugehen ist. Dann gibt es erst noch schöne Späne, wenn er gut geschärft ist und nicht an einer Spanplatte gearbeitet wird «lacht».

Ein Interview von Alois Räber vom November 2021.

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